Walther Lücker Portrait Text Werkstatt Südtirol

Willkommen in der Text-Werkstatt

Möchten Sie wissen, wie Google Zucker streut?

Walther Lücker • Juli 13, 2021

Ernstes nicht ganz ernst genommen


Wollen Sie wirklich wissen, wie Google funktioniert? Echt jetzt? 

 

Da müssten Sie halt noch ein wenig lesen.

Ich will versuchen, Ihnen dieses doch komplexe Thema auf möglichst unterhaltsame Weise näher zu bringen. Sie glauben nicht, dass das geht?

Ich habe es versucht und mein Bestes gegeben. Entscheiden Sie einfach selbst. Ich hab das ein paar Freunde lesen lassen. Die fanden das alle cool. Aber es waren halt auch Freunde, die würden natürlich nicht sagen, das war Mist...

 

Also, Google ist eigentlich nichts anderes als eine Zeitung. Ein mega-dickes, fettes Magazin. Ein gigantisches Nachschlagewerk. Es gibt praktisch nichts mehr, was man dort nicht finden kann. Es gibt da natürlich auch viel Schrott. Wie im richtigen Leben. 

 

80 Prozent aller Wege ins Internet beginnen ihren ersten Schritt mit Google. Denn wenn jemand etwas in der virtuellen Welt sucht , dann wird er es mit Hilfe von Google finden. Ohne wohl eher nicht. Geniale Erfindung. 

 

Google ist ein wahrer Segen

Wenn Sie ein Unternehmen haben, wenn Sie Dienstleistungen erbringen oder Handwerk anbieten, im Tourismus tätig sind oder wenn Sie etwas herstellen - einfach ausgedrückt, wenn Sie etwas verkaufen wollen, wenn Sie einen Weg suchen, wie man am besten an anderer Leute Geld kommt, dann ist Google ein wahrer Segen. 

 

Ich traue mich zu wetten, wenn Sie das Prinzip von Google verstanden haben, wenn Sie verinnerlicht haben, dass sich auf diesem gigantischen Marktplatz die ganze Welt trifft, dann werden Sie Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um Ihre "Ware" genau dort zu platzieren und zu präsentieren. 

 

Sie verkaufen Strickwaren? Rein damit ins Google!

Sie verkaufen Hotelbetten in Kramat-Neusiedel? Rein damit ins Google!

Sie sind Tischler? Ab zu Google, wenn Sie mit Gewinn tischlern wollen!

Sie haben tolle Sonnenbrillen? Bei Google positionieren!

Sie veranstalten einen Event? Hin zu Google, wenn die Bude voll werden soll!

 

Das ist echt der Hammer

Verstehen Sie wie das läuft? Wenn Sie populär werden wollen, wenn Sie mehr Leuten zeigen wollen, was Sie machen, dann müssen Sie zu Google. Also Sie müssen Mist Ihrem Angebot ins Internet. Und dort über Google gefunden werden. 

 

Wenn Sie Google anklicken und geben dort Walther Lücker ein, dann spuckt Google binnen 0,35 Sekunden aktuell 22.400 Ergebnisse aus. Cool oder? Sensationell könnte man auch sagen. In weniger als einer Sekunde hat Google die gesamte Welt des Internet nach meinem Namen durchforstet. Und Google hat gefunden. Ich bin echt berühmt. Finden Sie doch sicher auch. Hey 22.400 Einträge. Text, Fotos, Nachrichten, Zeitungsartikel, einfach alles. Das ist genial und richtig gut für's Ego. Also mir hat das schon gefallen, als ich das heute wieder gesehen habe.  

 

Ok, ich bin ehrlich. Nicht alle Einträge betreffen mich. Irgendwann steht da was über Menschen, die mal irgendwann etwas mit mir zu hatten oder die ich gar nicht kenne. Google kann auch nicht alles. 


Und uuuuuups, jetzt hab ich gerade Bill Gates eingegeben. Oh mein Gott. Der Mann spuckt 226.000.000 Ergebnisse aus.

 

Immer ehrlich bleiben

All diese Beiträge sind in einer Reihenfolge angeordnet. Und zwar nach Relevanz. Nicht ich, sondern Google entscheidet, was über mich wichtig ist. Ganz allein Google. Mit einer gigantischen Maschinerie. Dahinter stecken Algorithmen. Das ist echt kompliziert und würde auch zu weit führen. Ok, ich bin wieder ehrlich. Ich hab's selber nicht kapiert.  

 

Tatsache aber ist, das Google bestimmt, was wichtig ist. Bei mir steht, glaube ich, an erster Stelle mein Wikipedia-Eintrag. Juchuiii, ich habe einen eigenen Wikipedia-Eintrag. Ok, ich bin auch da ehrlich. Den hat mal vor vielen Jahren mein Verlag angelegt, als wir zusammen das erste Buch gemacht haben. Aber es ist schön, so einen Eintrag zu haben. Und er steht an erster Stelle, weil Google findet, dass dieser Eintrag im Zusammenhang mit mir als Person die höchste Relevanz hat. Dass liegt an den vielen Rückverlinkungen, sogenannte Backlinks, die Wikipedia hat.

 

Kompliziert, ich weiß. Ist halt so. Wikipedia wird so oft benutzt und hat so viele Backlinks, dass Google gar nicht anders kann, als die Wiki-Einträge überall an Platz Eins zu setzen. Ist Ihnen nie aufgefallen, dass in unglaublich vielen Fällen zuerst Wikipedia erscheint, wenn Sie nach einen Sachbegriff suchen. Das Beste überhaupt wäre, Sie hätten mit Ihren Business einen Wiki-Eintrag. Dann wären Sie immer und überall bereits oben angekommen. Aber es bekommt halt nicht jeder einen Eintrag dort. Bedauerlich, aber halt auch eine Tatsache. Also bestimmt weiterhin Google, wo Sie landen. 

 

Clevere Burschen in Kalifornien

Aber – Achtung, jetzt wird es spannend – man kann die Reihenfolge der Suchergebnisse beeinflussen. Google ändert zwar ständig die Modalitäten und man muss verdammt clever sein, um die Burschen in Mountain View, Kalifornien zu überlisten. Haben Sie gewusst, dass Google, eine der wertvollsten Marken der Welt, dort den Hauptsitz hat? Geben Sie es zu, haben Sie nicht. Ich auch nicht. Ich dachte in Palo Alto, nicht weit weg von Los Angeles, wo auch Apple sitzt. Ich habs auch grad eben gegoogelt! Mountain View, Bergblick, sicher sehr cool. So möchte ich auch arbeiten. Doch ich sitze halt mitten im Dorf von Sand in Taufers in Südtirol. Aber das ist auch sehr nett. 

 

Jedenfalls kann man da was machen. Mit der Reihenfolge der Auflistung. Lange Zeit lief das Spiel über Key-Words. Dann hieß das Ad-Words. Die musste man kaufen. Wieso ist Google so reich? Na klar, weil die so clever sind wie Sie und ich. Wir verkaufen ja auch was wir haben, was wir produzieren, was wir können. Das ist doch das Normalste der Welt. Schimpfen Sie nur ja nicht mit mir, wenn ich eines Tages etwas in Rechnung stelle. Tun Sie doch auch. 

 

Von Words und Ranglisten

Also, Key-Words, Ad-Words. Google hat seine Algorithmus-Maschinen über eine Homepage laufen lassen und schwups wurden bestimmte Begriffe erkannt. Diese Begriffe hat Google dann gefrühstückt, verarbeitet und zum Mittagessen ausgespuckt, dass auf meiner Homepage ziemlich exponiert in einer Überschrift steht "Text in Südtirol" (Sie erinnern sich, das ist der Schmäh von weiter oben). Aha, sagt Google sich, da bietet eine Internet-Seite "Text" an. Und das auch noch in "Südtirol". Schön. Setzen wir ziemlich weit rauf, sagt Google am Nachmittag. Und am Abend stehe ich auf Rang Eins in der Liste. Aber nur wenn jemand nach "Text in Südtirol" sucht. Schreibt man nur "Text" oder nur "Südtirol" kommt da ganz was anderes raus. Logisch, oder? 

 

Bis der Ball platzt

Soweit, so gut. Oder schlecht. Denn meine Freunde bei den großen Agenturen auf der ganzen Welt haben mit diesen "Words" ein Fass aufgemacht, bis es übergelaufen ist. So wie der Weltfußballverband FIFA den Ball irgendwann so fest aufgepumpt haben wird, dass er platzt. Was der Ball der FIFA mit dem Thema zu tun hat? Nichts. Ist aber gut für Google, weil FIFA ein verdammt guter Suchbegriff ist. Noch besser als Kronplatz und Pian de Corones". Das erkläre ich Ihnen gleich näher. Das mit dem Ball aufpumpen hab ich 1994 mal in einem Kommentar zur FIFA-Fußball-Weltmeistgerschaft in den USA für eine wirklich große Zeitung geschrieben. Könnte also auch gut für die Suchmaschine sein, dass das hier steht. Wahrscheinlich. Vielleicht. Oder auch nicht. Man kann ja mal probieren. 

 

Die Words aus Key und Ad wurden solange und inflationär verwendet, bis auf meiner Homepage plötzlich stand "Text in Südtirol", "Text für Homepage Südtirol", "Text im Pustertal", "Text auf dem Kronplatz". Das ist natürlich Blödsinn. Das stand so nie auf meiner Homepage. So hätte ich ganz bestimmt nie meine Überschriften geschrieben. Nicht so. Nicht in der Penetranz. Aber viele Agenturen haben das so gemacht. Immer reichlich Words reingeknallt. Und Text in Verbindung mit "Kronplatz" macht sich sowie gut. Weil halt "Kronplatz", einer der meist-gegoogleten Begriffe Italiens ist. Also da heißt das dann natürlich "Pian de Corones". Wussten Sie das? Dass das so oft gegoogelt wird? Ist so. Glauben Sie mir. 

Plötzlich stand jedes dritte Hotel in Südtirol in der Nähe vom Kronplatz. Alle haben sie sich da angeschmiegt. Und wenn sie fünfzig Kilometer weit weg ihre Zimmer anboten.

 

Bitte nicht nerven und langweilen

Das hat Google genervt. Die sind ja nicht doof. Auch wenn das viele Agenturen immer noch nicht wahr haben wollen. Key-Words, Ad-Words und gute Titel machen sich immer noch gut. Keine Frage. Enorm wichtig. Aber sie müssen halt auch stimmen. Und sich nicht mit der Monotonie einer schleudernden Waschmaschine bis zum Drehwurm wiederholen. Key-Words sind wichtig. Denn man muss schon klar benennen, was man zu bieten hat. Vor allem wenn man gefunden werden will, in der riesigen Welt des Internets. Aber man sollte die Jungs in Kalifornien nicht auf den Arm nehmen oder sie mit ständigen Wiederholungen langweilen. Die merken das.

 

Google lässt sich also längst nicht mehr alles gefallen. Hallo, die wollen v e r k a u f e n!

 

Jetzt kommen Sie ins Spiel

Nun nehmen wir einmal an, Sie sind ein Unternehmer. Sie backen, kreieren und verkaufen Kuchen. In einem netten Geschäft und mit einer ebenso netten Kundschaft. Doch es wäre ja schön, wenn das Kuchen-Geschäft noch ein bisschen angekurbelt würde. Wenn Sie ein bisschen mehr verkaufen könnten. Es wäre auch kein Problem, noch mehr Kuchen zu backen. Doch es wissen einfach nicht genug Menschen, dass Sie so guten Kuchen haben. Sie würden das gern bekannt machen. Aber wie?
Genau. Ganz genau so, wie es oben steht. Man muss die Sache bewerben.

Hm, denken Sie, man müsste mit dem Kuchen in die Zeitung. Die schreiben ja auch sonst über alles. Ok, wo ist die Nummer? Die von der Zeitung.

 

Ich bin selbst mal so einer gewesen

Jetzt kommen wir wieder auf die Zeitung zurück. Wenn Sie nun, ganz gleich, ob bei der Frankfurter Allgemeinen, der New York Times, der Gazetta della Sport, bei der ff oder den Dolomiten oder bei Ihrem Gemeindeblatt anrufen und fragen, ob sie dort wohl einen Artikel über Ihren Kuchen schreiben möchten, dann werden die Redakteure vielleicht zuhören - wenn sie freundliche Redakteure sind und nicht gerade genervt. Ich kenn mich da aus. Ich bin selbst Redakteur und war zwei Jahrzehnte bei einer wirklich ganz großen Zeitung in Deutschland beschäftigt. Meine Kollegen werden Sie also fragen, was besonderes an dem Kuchen ist. Und Sie werden sicherlich wahrheitsgemäß sagen, dass er halt gut ist, der Kuchen, und dass Sie ihn verkaufen in Ihrem tollen Geschäft. Ich hoffe, Sie haben ein tolles Geschäft.



Sind Sie irre?

Spätestens dann ist es vorbei mit der Freundlichkeit. Wenn der Redakteur nicht fragt, ob Sie vollkommen irre sind – denn immerhin brütet er gerade über einem Artikel über die eierlegende Wollmilchsau, und dass die jetzt wirklich mal einer gesehen hat –, wenn er also nicht schreit, so wird er Sie sehr verbindlich darauf hinweisen, dass das kein Thema für ihn sei, und dass er Sie gern an die Anzeigen-Abteilung weiter verbindet. Klick, weg ist er. Denn so schlau ist der Redakteur. Er interessiert sich nicht die Bohne für Ihren Kuchen, aber er weiß, dass in der Anzeigen-Abteilung sein Gehalt verdient wird. Und deshalb wimmeln Sie die Redakteure bei der Frankfurter Allgemeinen, der New York Times, der Gazetta della Sport, bei der ff oder den Dolomiten Sie auch noch gleich  ab. Die werden sie weiter verbinden. Dann haben Sie plötzlich die Anzeigenabteilung dran. Und die sind wirklich sehr, sehr freundlich. Die sagen alle unisono: Sie können ganz gern bei uns inserieren. Wir haben da wirklich tolle Anzeigenangebote. Schalten Sie eine Anzeige und Sie werden Kuchen verkaufen, dass Sie ihre Backstube vergrößern müssen. Das alles werden die sagen. Garantiert. Ich wette darauf.

 

So einfach funktioniert das bei den Printmedien. Wer kommerziell ist und da rein will, muss zahlen. Basta. Versuchen Sie es, wenn Sie mir schon wieder nicht glauben wollen. Ich bin sicher, Sie kommen mit angelegten Ohren und von einem Redakteur angeschrieen zu mir zurück. So sind die Zeitungen.

 

Nicht clever. Logisch!

Und Google ist genauso. Das ist nicht clever, das ist logisch. Sie mit Ihrem Hammer-Kuchen wollen verkaufen und mehr Gewinn machen. Die bei Google wollen verkaufen und auch mehr Gewinn mit ihrem Algorithmus machen. Eine klassische Win-win-Situation also.

 

Und weil sich nun die Anzeigenpreise nach der Auflage einer Publikation rechnen und sich diese Preise deshalb gut argumentieren lassen nach dem Motto, hey, wir kennen viele Leute, die vielleicht deinen Kuchen kaufen, wenn du bei uns inserierst, genau deshalb hat Google einen schier unglaublichen Wettbewerbsvorteil. Denn kein anderes Medien der Welt kennt so viele Leute wie Google. Niemand sonst streut deine Anzeige mit dem Kuchen so gut wie Google. Das ist wie Kuchen mit Sahne. Einfach klasse. 

 

Die Blutspur des Geldes

So, und jetzt sind wir am Punkt. Wenn Google erkennt, dass Sie auf Ihrer Homepage etwas verkaufen wollen, dann schnuppern die. Die nehmen die Fährte auf und dann verfolgen sie die Blutspur Ihres Geldes. Die wollen mit aller Macht, dass Sie Anzeigen bei Google schalten. Und wenn da fünf Andere sind, die in Ihrer Nähe auch Kuchen verkaufen und die alle richtig Kohle bei Google für Anzeigen ausgeben, dann werden Ihren lieben Mitbewerber mit einer tollen Homepage auf dieser Google-Suchergebnis-Seite natürlich immer oben und ständig vor Ihnen erscheinen.

Ganz schlimm ist das, wenn Sie mit Ihrem Kuchen nicht mal unter den ersten Zehn und deswegen erst auf der zweiten Seite mit den Suchergebnissen gelistet sind. Denn, auch sehr clever, mehr als zehn Ergebnisse passen auf so eine Google-Seite nicht drauf. Das ist echt übel, denn kein Mensch klickt weiter auf die zweite Seite. Ich jedenfalls nicht. Und Sie auch nicht. Seien Sie ehrlich. Bitter, aber das ist die Realität. 

 

Mist! Und jetzt?

Wie kommen wir mit unserem Kuchen in die Frankfurter Allgemeine, die New York Times, die Gazetta della Sport, in die ff oder in die Dolomiten? Oder in Google wenigstens unter die ersten Zehn? Wie kommen Sie mitsamt Ihrem wirklich mega-guten Kuchen an dem unfreundlichen Redakteur oder dem verdammten Algorithmus von Google vorbei?

 

Sie müssen Besonders werden

Das geht. Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber das geht. Wahrscheinlich nicht sofort, aber es funktioniert. Achtung: Sie müssen relevant werden! Das ist die Zauberformel. "Relevanz". Wenn Sie dem Redakteur verklickern können, das Ihr Kuchen etwas derart Besonderes ist, etwas, das es so auf der ganzen Welt nicht gibt, wenn sie dem das Rezept sagen und da - einzigartig - nur Bio-Zutaten drin sind, wenn das der erste Kuchen überhaupt ist, der nicht mehr gebacken werden muss... Egal, es muss nur wirklich interessant sein, dann kommt der Redakteur nicht an ihnen vorbei. Und das zieht Kreise!

 

Stellen Sie sich mal vor, da steht in der Frankfurter Allgemeinen, dass Sie einen Kuchen erfunden haben, den man nicht mehr backen muss. Einmalig auf der Welt. Und wehe, in der New York Times steht das nicht. Der Redakteur, der das verpennt hat, muss am nächsten Tag zu seinem Chefredakteur und bekommt richtig die Haare gewaschen. Oder sagt man, den Kopf gewaschen? 

 

Wer beißt hier wen?

Wissen Sie was keine Nachricht ist? "Hund beißt Mann" - es gehört zur klassischen Journalisten-Ausbildung, dass das sicher keine Meldung wert ist. Aber: "Mann beißt Hund". Da wird es interessant. Warum? Na, weil das relevant ist. Das ist nicht normal, das ist außergewöhnlich. Ein Mann beißt einen Hund. Da werden die Leser Augen machen. Da wird man sich wundern. Da freut sich der Redakteur, dass er die Story hat. Und der Chefredakteur freut sich auch. Denn dem macht es nicht wirklich Spass, seinen Leuten ständig den Kopf waschen zu müssen. 

 

Nicht Alligator, Algorithmus heißt das Ding

Ein Selbstversuch. Lassen Sie uns zusammen eine Homepage machen, die davon handelt, wie Mann Hund gebissen hat. Wieviele Fälle es gibt? Wie hoch ist die Dunkelziffer? Mit welchen Strafen muss man rechnen, wenn man so etwas tut, einen Hund beißt? Wie funktioniert das überhaupt, das man einen Hund beißt, ohne dass Hund zurück beißt. Lassen Sie uns zusammen eine sogenannte relevante Seite machen. Und ich garantiere Ihnen, wir sind über Nacht auf Rang Eins des Google Rankings. Und wir werden lange dort bleiben. Bis einer Anderer kommt und das Thema noch besser, noch relevanter veröffentlicht.

 

Erkennen, was relevant ist

So funktioniert das inzwischen bei Google. Der Algorithmus erkennt, was relevant ist. So wie sie mir damals bei meiner Ausbildung zum Redakteur beigebracht haben, zu unterscheiden, was wichtig ist und was nicht. Damit ich nicht ständig über beißende Hunde schreiben will. Keine Ahnung wie der verdammte Automat von Google das macht, aber er kann es. Der findet raus, ob Sie zurecht den Begriff "Kronplatz" verwenden oder nicht,. Ob Ihr Tourismusbetrieb wirklich dort in der Nähe oder meilenweit entfernt steht. Und ob Sie Google mit der Verwendung von "Kronplatz" nur täuschen und an der Nase herumführen wollen. Google wird da inzwischen richtig sauer, wenn Sie es versuchen. 

 

Oh je...

Viele Agenturen verkaufen immer noch weiter Ihre alten Konzepte mit ständigen Wiederholungen von Begriffen in Überschriften. Schauen Sie sich mal eine paar Homepages an. "Ihr Hotel in Südtirol", "Ein Familienhotel in Südtirol", das "Bike-Hotel in Südtirol", "Wellness-Hotel in Südtirol". Wieder und wieder. Einen Klick weiter, selbe Homepage: "Urlaub in Südtirol", "Familienurlaub in Südtirol", "Mountainbike Touren in Südtirol", "Ihr Wellness Urlaub in Südtirol".

 

Hilfe, ich verkaufe keine Hotelbetten

Ich muss aufhören damit, sonst kickt mich Google noch ins Nirwana, weil die glauben, ich will Hotelbetten verkaufen. Das kann Google noch nicht ganz so gut. Nämlich unterscheiden, ob ich wirklich echt bin oder nicht. Aber die sind dran, in Kalifornien, wo immerzu die Sonne scheint, und sie im Internet fast alles zustande bringen, mit Ihrer Google-Maschinerie. 

 

Wenn Sie also auf Ihrer Homepage beispielsweise erklären, wie Sie ihren Kuchen machen, oder dass man den nicht backen muss, dann sind Sie einen entscheidenden Schritt weiter. Dann findet Google Sie nämlich interessant, weil Sie etwas erklären. Weil Sie erklären, wie etwas funktioniert, wie man etwas macht, wie Sie es machen. Mehr noch, Google liebt das. Und wird Sie aus der Masse heraus heben. Hinauf in den siebten Google-Himmel. 

 

Das kostet nicht mal

Das Witzige dabei, Sie müssen dafür nicht an Google bezahlen. Keine Anzeige schalten, keine Adwords kaufen. Gar nichts. Sie sind einfach nur relevant. Es ist wertvoll, was Sie da zu berichten haben. Es ist vielleicht sogar wichtig. Muss es aber nicht unbedingt. Wenn es interessant ist, genügt das schon. Sie schaffen es, dass andere Menschen sich für das interessieren. Das ist entscheidend.

 



Das hier ist echt überragend

Jetzt zeige ich Ihnen noch was. Geben Sie mal im Internet ein "wenn in China ein Sack Reis umfällt". Los machen Sie schon. Ich hab es Ihnen ja sogar hier verlinkt. Wahnsinn, oder. In 0,39 Sekunden 25.200 Ergebnisse. Das ist echt relevant. Und angeblich interessiert es ja gar niemanden, wenn dort ein Sack umkippt. Aber es ist offenbar so wichtig, dass Google da richtig aktiv geworden ist. Himmlisch.

 

Und wer ist der Sieger?

Und was steht natürlich an Platz Eins der Siegerliste? Ja natürlich, Wikipedia mit der wunderbaren Erklärung: "Die Redewendung „In China (oder Peking) ist ein Sack Reis (oder Fahrrad) umgefallen“ ist eine umgangssprachliche Metapher für ein unwichtiges Ereignis. Mit dieser abfällig-scherzhaft verwendeten Floskel drückt der Sprecher sein Desinteresse aus oder signalisiert die von ihm empfundene Bedeutungslosigkeit eines Themas."

 

Ende des Zitats. Hat man da noch Worte? Nein. Hat man nicht. Aber so funktioniert die Geschichte. Ich wiederhole es nochmal. Sie müssen mit Ihrem Kuchen relevant werden. So interessant, dass Google keine Chance mehr hat, Sie zu ignorieren. 

 

Vorüber die guten Zeiten

Allein zu sagen, hey Leute, ich verkaufe Kuchen - die Zeiten sind im Internet und vor allem bei Google ein für allemal vorbei. Sie müssen einen interessanten Kuchen haben, und Sie müssen das deutlich sagen. Dann sind Sie bei den Siegern in diesem ungleichen Spiel. Sie müssen clever werden. 

 

Hey, das ist doch klasse

Wenn Sie beispielsweise ein Hotel im Südtiroler Pustertal hätten, wenn Sie also keinen Kuchen verkaufen wollten, sondern Betten. Ich weiß, der Gedanke ist Ihnen unvorstellbar, aber mal angenommen. Jetzt seien Sie nicht so. Hotelier im Pustertal zu sein, ist echt Klasse. Weil es dort unglaublich viele Dinge gibt, die man mit den Hotelbetten zusammen verkaufen kann... 

 

Merken Sie schon, worauf das hinaus läuft? 

Wenn Sie also eine Homepage machen und potentiellen Gästen darauf mitteilen, dass Sie Hotelbetten verkaufen und einen netten Urlaub, dann muss, wirklich, dann MUSS es Ihr Ziel sein, dass auch Google begreiflich zu machen. Google muss sich Ihrer annehmen und Sie möglichst freundlich behandeln. Sonst wird in Hamburg, München, Paris und Madrid nie jemand erfahren, dass Sie ein Hotel mit vielen Betten und mega-tollen Matratzen haben. Sie müssen aber auf den Markt, denn sonst verkaufen Sie gar nix. 

 

Mitten im Haifischbecken

Sie haben also ein Hotel. Sie haben Betten. Sie haben ein preisgünstiges, interessantes Angebot. Das ist wichtig. Das ist schön. Aber das ist nicht relevant. Denn das haben viele andere Hoteliers im Pustertal auch. Und sie fischen alle im selben Teich. Und Sie selbst sind mitten unter diesen Haien in dem großen Becken. Nur wenn Sie ein besonderer Hai sind, wenn Sie anders aussehen, wenn Sie sich unterscheiden, wenn Sie aus der Menge herausragen, dann wird Herr und Frau Gast sagen, schau mal, das ist ein prächtiger Hai. Von dem lassen wir uns fressen. Gut, ok, ganz so martialisch ist das Geschäft mit den Betten auch nicht. Aber so ungefähr. 

 

Wir machen Sie relevant

So. Jetzt machen wir Sie relevant. Wenn Sie irgendwo eine Geschichte platzieren, wenn Sie eine richtige gute, eine echt geile, spannende, interessante und vor allem gut geschriebene Geschichte auf Ihrer Seite platzieren, dann wir ein Wunder geschehen. Der Algorithmus wird das erkennen. Ups, wird er sagen, da steht aber etwas Besonderes. Er wird die Betten sehen und auch diese tolle Geschichte auf ihrer Seite. Ein relevantes Thema.

 

Google liebt Sie - endlich

Und ganz genau das wird Google belohnen. Der Algorithmus wird sagen: Das ist nicht Hund beißt Mann. Das ist Mann beißt Hund. Das haben die Anderen nicht. Google liebt Sie plötzlich. Sie und Ihre Betten, Ihr Pustertal, Ihre Geschichte. Oder Ihren Kuchen, den man nicht backen muss. Oder Ihre krummen Gurken und das lustige Gemüse. Die Story muss passen. Das ist alles. 

 

Google will, das dort, in diesen diesen unendlichen Weiten, endlich wieder gute Geschichten erzählt werden und tolle Bilder in Kombination dazu gezeigt werden. Nicht immer der gleiche Schrott. Alle machen dasselbe. Weil es bis gestern halt auch mit Schrott funktioniert hat. Google will die Welt ein bisschen schöner machen.

 

Ich sage es immer wieder, es ist der Slogan meiner Homepage: Die Welt liebt gute Geschichten.

 

Geben Sie es doch zu: Hören Sie beim Kaffeetrinken einem Langweiler zu oder lieber dem Nachbarn neben Ihnen, der in fünf Minuten eine wirklich gute und interessante Geschichte erzählt, die auch noch stimmt...

 

So funktioniert Google. So wird Ihre Homepage funktionieren. Sie brauchen gute Geschichten, gutes Storytelling. Und Sie werden vielleicht bald auch jemanden brauchen, der Sie in dem Bestreben unterstützt, eine gute Geschichte zu veröffentlichen.


Ich bin dann für Sie da. Versprochen.

 

Walther Lücker

im Mai 2019 


Walther Lücker, Text-Werkstatt

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Tja, was soll ich jetzt noch sagen. Es ist diese Sache mit dem Schutzengel. Gunild hat eine starke Augenentzüdung und wir haben heute Morgen beschlossen, sie zum Arzt zu bringen. Der sitzt im Rahmen eines internationalen Himalaja-Hilfsprojektes in Pheriche. Das ist kaum drei Kilometer Luftlinie und etwa 45 Gehminuten von hier. Eigentlich wollten wir alle zusammen dorthin gehen. Ich habe einen guten Bekannten in Perhiche, den ich seit vielen Jahren kenne und in dessen Lodge wir meist wohnen. In diesem Jahr haben wir unseren Plan geändert und haben einen Teil des Akklimatisierungsprogrammes nach Dingboche verlegt. Mein Plan war, wir bringen Gunild zum Arzt, lassen sie anschauen und gehen dann in der Himalaja-Lodge essen und spazieren zusammen zurück. Inzwischen snd Gunild, Rai und Ina längst wieder hier. Ich habe derweil meine Sachen geordnet und die nächsten Tage in dieser so zauberhaften Gegend vorbereitet. Nun steht in Periche offenbar kaum mehr ein Haus. Die Himalayan-Lodge ist eingestürzt und wir hatten Glück, dass wir nicht um kurz vor zwölf, als hier die Erde mit einer Stärke von 7,8 auf der Richter-Skala bebte, in dieser Lodge beim Essen sassen. Von überall her in der Himalajaregion kommen nun immer neue Schreckensnachrichten. Wenn hier etwas funktioniert, dann ist es die Verbreitung von Nachrichten. Natürlich mag man nicht beurteilen ob und wie seriös all diese Meldungen sind. Doch: Die Himalajan-Lodge machte stets einen soliden Eindruck, auch und gerade, was den Baustil betraf. Ich vermag mir nicht vorzustellen, was in anderen, ärmeren, weniger "modernen" Orten geschehen sein muss, wenn schon diese Lodge eingestützt ist. Eben diese Situationen betreffen die eingehenden Nachrichten... Ich denke, das Ausmass dessen, was hier geschehen ist, lässt sich zur Stunde wirklich nicht einmal erahnen, geschweige denn ermessen...
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